TOD – LEBEN

Hiob, November 2021

 

Vorstufen
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Hiob- November 2021, Acryl auf Leinwand, 90 cm x 60 cm

Ausgangspunkt bei diesem Bild ist das chinesische Schriftzeichen für „doppelt“, geschrieben als
zwei Hände parallel nebeneinander. Auch in der Hiob-Geschichte im Alten Testament geht es um
das Doppelte. Er erhält am Ende alles, was ihm genommen wurde, doppelt zurück.
Doppelt spiegelt das Prinzip der Zweiheit. Im Zeichen für „Liebe“ sind auch zwei Hände enthalten,
die eine von oben her als gebende und die andere von unten her als führende. Oder die beiden
Cherubim auf dem Deckel der Bundeslade mit den Gesetzestafeln. Im Raum zwischen diesen beiden Engeln–
heißt es in den alten jüdisch-christlichen Überlieferungen – ist der Wohnort
Gottes. Wenn sich die Ecken ihrer Flügel berühren, können die Engel aufsteigen. Im Schiftzeichen
für Klang/aufsteigen zeigt sich diese Ecke.
Im Bild nun flankieren zwei Flügel das Licht als goldene Scheibe mit dem Schriftzeichen für Gott „shen“.
Hiob, als Prototyp des Menschen, gelangt jetzt nach seinem schweren Lebensweg durch diese Welt
auf die andere Seite und steht im Jenseits vor Gott. Überwunden ist jetzt die Dualität,
der Mensch ist eingegangen in die Einheit.

Einen alten Weg gehen, Oktober 2020

 

 

Vorstufen

 

 

 

2020, Acryl auf Leinwand, 90 cm x 60 cm

Das chinesische Schriftzeichen „fu“ – wiederholen – bedeutet ursprünglich „einen alten Weg
gehen“. In der alten Form der Orakelknochenschrift besteht das Zeichen aus zwei Teilen:
oben ein Dorf und darunter ein Fuß, verstanden im Sinne von nochmal ins Dorf zurückkehren,
d.h. zum Ursprung.
Im alten Wissen heißt es, daß jedem Menschen sein eigener Weg vorgezeichnet ist.
Diesen Weg stellte man sich in verschiedenen Stufen des Erkennens vor.
Es ist ein Aufsteigen mit kritischen Schwellen, manchmal unüberwindbar.
Wenn es jedoch gelingt und der Gehende den Weg aushält, erkennt er den Sinn aller Dinge und des Lebens.

Stille – Jaku (jap.) September 2019

Vorstufen

 

Stille- Kalligraphie Christine Lehmann

 

Stille – Jaku ist ein Begriff aus der Zen-Meditation. Er ist aus vier Schriftzeichen zusammengesetzt:
ganz oben das Zeichen für Dach, darunter befinden sich die drei anderen – „oben“, „klein“ und „Hand“.
Das Zeichen für „oben“ hat als Basis eine Waagerechte auf der eine Senkrechte steht,
sie ist durch einen Punkt rechts oben markiert. Auseinandergenommen hat man drei Teile:
eine Waagerechte, eine Senkrechte und einen Punkt.

Das Fundament ist die leicht schwingende Linie unten; der Fluss der Zeit, unsere Welt. Die Senkrechte erhebt sich,
strebt nach oben zum Punkt, der in seiner Form die Vollkommenheit abbildet. Dort ist Stille.

Zum ersten Mal habe ich das Schriftzeichen Jaku-Stille im Jahr 1993 kalligraphiert (das 1. Bild der Vorstufen).
Nach 26 Jahren auf dem Weg ist das Schriftzeichen natürlich immer noch die Grundlage,
aber inzwischen anders durchdrungen und von größerer Klarheit. Wie die vielen Vorstufen unten zeigen geht der Weg weiter!

Rückkehr

 

 

 

Vorstufen

 

2017, Acryl auf Leinwand, 90 cm x 60 cm

Rückkehr beginnt mit dem ersten Schritt.
Im Iging, dem alten chinesischen Weisheitsbuch der Wandlungen, hat das Hexagramm 24 die Bedeutung ´zurückkehren´, fu.
Gemeint ist ein gezieltes Gehen, d.h. eine klare Ausrichtung haben; das eigene Tun bzw.
Gehen innerhalb des Flusses der Zeit auf ein bestimmtes Ziel richten.
Das chinesische Schriftzeichen für Fu ist zusammengesetzt aus ´Weg´ und ´Schritt´. Zwei Füße hintereinander bilden das Zeichen ´Schritt´,
in der frühen Form sind rechts und links jeweils durch die Position der großen Zehe unterschieden.
Gemeint ist die grundlegende Rückkehr des Menschen auf seinem Lebensweg durch die Zeit wieder zu seinem Ursprung.
Eine Wegkreuzung lässt sich noch in der frühen Form des Schriftzeichens für Weg erkennen, darauf vier Füße und alles ausgerichtet auf das Ziel,
einen geschlossenen Kreis. Er ist Ausdruck für die Einheit, die alles umfasst, in der alles enthalten ist.
Der Fluss der vorübergehenden Zeit, d.h. das Wassermotiv mit geschwungenen Wellen dringt vom unteren Rand ins Bild vor;
es ist die Spiegelung und Entsprechung der oberen Welle im Ursprung. Immer beziehen sich Diesseits und Jenseits aufeinander , gemeinsam sind sie die Einheit.

linie

Zeitlos

Christine Lehmann - Zeitlos

 

Kalligraphie 2014 Zeitlos

Vorstufen

 

2014 Kalligraphie/Leinwand, 90 x 60 cm

”…ein zweites zeitlos breites Leben ” ( Rilke)
Für dieses Bild wurden die beiden chinesischen Schriftzeichen der historischen Siegelschrift für Leben/Wachstum
und Ewigkeit/lange Dauer zusammengefügt. Indem Rilke von einem zweiten und zeitlos breiten Leben spricht, weitet er unsere einseitige Vorstellung vom nur hier stattfindenden Leben aus auf ein ewig fortwährendes breites Dasein. Eine junge Pflanze ist der Ursprung des Zeichens für Leben. Das Bild eines Flusses mit Nebenfluss drückt eine sehr lange Dauer aus und ist gleichzeitig das Schriftzeichen für Wasser. Erst wenn an der obersten Spitze des Zeichens noch ein Punkt steht, bedeutet es Ewigkeit. Das fließende Wasser, d.h. die fließende Zeit und der geschlossene, in sich ruhende Punkt bilden dann als Gegensätze gemeinsam die Einheit.

Yume – Traum

Christine Lehmann- Yume - Traum

2003, Kalligraphie/Japanpapier, 140 x 70 cm

Auch beim Schriftzeichen für Traum ging es darum eine Entsprechung für das Leichte und Flüchtige zu finden.
Den tuschegefüllten Pinsel schwer aufzusetzen verbot sich und so verwendete ich einen selbst gemachten Pinsel aus Filzstreifen, der dann in vielen Versuchen leicht von oben über das am Boden liegende Papier geführt wurde.

Licht/hell

2

Vorstufen

 

2002, Kalligraphie/Japanpapier, 140 x 70 cm

Zusammengeschrieben bedeuten die beiden großen Himmelskörper Sonne und Mond das Schriftzeichen Licht/hell. Im Laufe des Kalligraphierens stellte sich heraus wie problematisch es ist, etwas so Immaterielles wie Licht mit schwarzer Tusche auf Papier bringen zu wollen. In kursiver Schreibweise und mit einer einzigen durchgehenden Bewegung geschrieben zeigte sich nach vielen Versuchen, dass es genügte den Pinsel nur in der Luft über dem Papier zu führen und Tropfspuren zu hinterlassen.

Tod und Leben

1

2001, Kalligraphie/Japanpapier, 140 x 70 cm

Ein gebeugter Mensch vor einer Totenbahre ist in den frühen Formen des Schriftzeichens Tod als Bild noch gut zu erkennen. Wie aber lässt sich eine Einheit bilden mit dem Zeichen für Leben? D.h. die Gegensätze aufzuheben und eine Komposition zu schaffen, in der beide Zeichen ein Ganzes bilden. Sehr viele Blätter entstanden in verschiedenen Formaten, bis dann in der ausgewählten Arbeit das aufsteigende Leben den Tod schützend birgt.

 

Perle/König

1
2000, Kalligraphie / Papier / Acryl, 140 x 70 cm

Wegen ihrer Seltenheit von großem Wert, galten Perlen immer schon als Zeichen der Wandlung: aus einem einfachen Sandkorn wird eine außergewöhnliche Perle. Ihre strahlende Helle und ihre Kugelform symbolisieren Erleuchtung und Vollkommenheit. In einer frühen historischen Form, der chinesischen Siegelschrift, bilden hier drei Schriftzeichen das Wort Perle. In der Mitte herausgehoben ist eine große Axt mit doppeltem Griff und breiter Schneide. Mit dieser Waffe konnte Gerichtsbarkeit vollzogen werden und galt im Altertum als Ausdruck der Autorität des Königs, des obersten Herrschers. Das große Zeichen birgt in sich zwei kleinere Formen, links die Wahrheit –zwei Hände, die ein Opfergefäß darbringen- und rechts den Lebensbaum –kein gewöhnlicher Baum, sondern ein Baum mit rotem Holz. Eine Drei-Einheit.

 

Schmetterling

Schmetterling Christine Lehmann

 2000, Kalligraphie/Japanpapier, 140 x 70 cm

Das chinesische Schriftzeichen für Schmetterling ist eine Zusammenfügung von drei Zeichen: Schlange/Insekt und Leben/Welt und Baum. Es ist ein Sinnbild für Wandlung, Metamorphose, von Daseinszuständen wie man es auch in der westlichen Kultur kennt. Dem Insekt in seiner großen Vielheit steht die Einheit allen Lebens und die Unsterblichkeit gegenüber. Vom Tod erlöst erhebt sich die Seele als Schmetterling.